Im Juli 2018 veröffentlichte die FATF einen Bericht zum Thema „Financial Flows from Human Trafficking“. In diesem Bericht wird der Menschenhandel als relevanteste Quelle für kriminelles Einkommen weltweit, und somit als wesentliche Vortat für Geldwäsche bezeichnet. Die Schätzung des weltweiten illegalen Einkommens aus Schlepperei und Menschenhandel liegt bei 150,2 Milliarden US-Dollar jährlich. Mehr als ein Drittel davon, etwa 99 Milliarden, stammen aus Prostitution.
Schätzungen zufolge werden weltweit etwa 25 Millionen Menschen in andere Länder verbracht und dort zur Arbeit gezwungen – davon rund 4,8 Millionen zur Prostitution. Betroffen sind nicht nur Männer, sondern auch Frauen und Kinder. Schleppungen von Migranten blieben vom Bericht gänzlich unberücksichtigt.
Die FATF bezeichnet Menschenhandel als relevanteste Quelle für kriminelles Einkommen weltweit.
FATF Bericht „Financial Flows from Human Trafficking“, Juli 2018
Der Bezug zwischen Menschenhandel und Terrorismusfinanzierung bleibt, auch nach einigen Nachforschungen der Arbeitsgruppe, eher schwammig. Durch Erlöse aus dem Menschenhandel finanzierte Terroraktivitäten konnten laut Behörden bislang nicht festgestellt werden. Die gängige Vorgangsweise ist jedoch die Erpressung von hinterbliebenen Familienangehörigen im Herkunftsland, um Kontrolle über ihre Handlungen zu erlangen („Wenn ihr nicht tut, was wir Euch sagen, passiert etwas schlimmes mit dem Familienmitglied im Ausland“).
Was bedeutet „Menschenhandel“?
Nach dem so genannten „Palermo-Protokoll“ der Vereinten Nationen bezeichnet der Ausdruck „Menschenhandel“ die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung.
„Ausbeutung“ umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen;
Sehr vereinfacht gesagt bedeutet „Menschenhandel“, dass Personen entweder gegen ihren Willen oder unter Vortäuschung falscher Tatsachen in ein anderes Land verbracht werden, um dort Dienstleistungen zu erfüllen. Meistens werden ihnen, einmal im Zielland angekommen, die Dokumente abgenommen und sie werden nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß mit Geld versorgt. Die Organisation der Unterkunft und alle administrativen Aufwendungen übernehmen Mitglieder der dahinter stehenden kriminellen Vereinigung.
Menschenhandel in Österreich
Österreich ist in Zusammenhang mit Menschenhandel in erster Linie Ziel- und Transitland. Das größte Thema ist in diesem Zusammenhang die Ausbeutung von Menschen im Rotlicht-Milieu. Das gesellschaftlich augenscheinlichste, die Bettelei. Die ethnische Betroffenheit ist bei den beiden Delikten von Grund auf unterschiedlich – genauso wie die dazugehörenden Geldflüsse. Während im Bereich des Rotlichts wiederholt Geldkuriere aus Nigeria und China in Erscheinung treten, handelt es sich bei den Organisatoren der Bettelbanden vorrangig um ethnische Roma aus Bulgarien und Rumänien.
Erfahrungswerte des österreichischen Bundeskriminalamtes zeigen, dass in beiden Deliktbereichen kaum Kontotransaktionen über reguläre Bankverbindungen stattfinden. Häufiger, aber immer noch sehr selten, greifen die Täter auf weniger formelle Transaktionsmöglichkeiten, etwa Money Transmitter wie Western Union, Money Gram und andere, zurück. Der Regelfall sind entweder Überweisungen über das informelle „Hawala-System“ oder der seit Jahrzehnten bewährte, grenzüberschreitende Transport von Bargeld.
Die Kriminellen nutzen vorrangig das informelle „Hawala-System“ oder bringen Bargeld physisch über die Grenze.
Ermittler des Bundeskriminalamts, 2019
Werden Transaktionen über Banken getätigt, sind das selten Einzelüberweisungen. Da die meisten Beteiligten (weder Täter noch Opfer) über eigene Konten verfügen, werden Gelder mitunter gesammelt und über Kontoverbindungen von Unternehmen transferiert, die nahestehenden Personen gehören. Der wirtschaftliche Eigentümer wird dabei verschleiert. Darüber hinaus werden Gelder auch in Immobilienkäufe investiert und „Hamsterkäufe“ getätigt. So konnte die Polizei unter anderem feststellen, dass durch chinesische Staatsangehörige mit Bezug zum Rotlicht-Milieu, Uhren im Wert von etwa 500.000 EUR eingekauft und physisch nach China verbracht wurden. Die konkrete Vortat konnte auch in diesem Fall, wie so oft, nicht nachgewiesen werden.
Was tun als Meldeverpflichteter?
Der Bericht der FATF kommt zu vier Haupt-Schlussfolgerungen und gibt eine Reihe von Empfehlungen ab. Wie immer gilt, dass kein Indikator alleine ausschlaggebend ist. Dennoch sind in Einzelfällen Rückschlüsse oder Anhaltspunkte für das interne Monitoring möglich
Schlussfolgerungen der FATF:
- Je näher das Opfer bzw der Täter dem offiziellen System ausgesetzt ist, desto höher ist die Entdeckungswahrscheinlichkeit. Etwa:
- Arbeitsgesetzliche Vorschriften
- Kontoöffnung
- Besteuerung
- Einreiseunterlagen etc.
- Kein Indikator alleine ist ausschlaggebend
- Opfertransaktionen haben die höchste Entdeckungswahrscheinlichkeit
- Zusatzinformationen sind hilfreich
Red Flags / Indikatoren:
- Opferidentifizierung ist am ehesten bei Berührungspunkten mit dem Finanzsystem (Banken!) möglich:
- gemeinsame Handynummern / Adressen / Dienstgeber
- sofortige Barbehebungen von Gehaltszahlungen
- Anschein der Kontrolle durch Dritte
- Zahlungen passen nicht zu Kundenangaben
- Bezug zum Rotlicht-Milieu / Escort Services
- Regelmäßige Einzahlungen von Bargeld auf Konten
- Hohe Anzahl von Überweisungen durch Dritte
- Bareinzahlungen an unterschiedlichen Orten
- Begleitung bei Bankgeschäften durch Dritte
- Kreditkartenzahlungen zu ungewöhnlichen Tageszeiten
- Bezahlung mehrerer Hotelzimmer in einer Nacht durch selben Kontoinhaber
darüber hinaus:
- Hohes Aufkommen im Bargeldverkehr
- Hamsterkäufe wertvoller Güter (Uhren, Schmuck, Designerware)
- Nutzung bestehender Konten für Sammelüberweisungen (u.a. Firmenkonten)
FAZIT
Menschenhandel ist ein finanzintensives Delikt und als Vortat für Geldwäsche keinesfalls zu vernachlässigen. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit im legalen Wirtschaftskreislauf ist durch die Bevorzugung von Bargeldverkehr und Nutzung informeller Finanzsysteme sehr gering. Am ehesten könnten Banken, Gewerbetreibende, Immobilienmakler und Wirtschaftsprüfer auf Geldflüsse aus diesem Delikt aufmerksam werden – dies insbesondere dann, wenn die Täter im Rotlicht-Milieu tätig sind und organisatorische Maßnahmen getroffen werden müssen.
Bilder: pixabay